20020208.02
Es liegt ein Widerspruch darin, in oekumenischem Geiste die
Gleichwertigkeit verschiedener leidenschaftlich vertretener
Lehren zu behaupten. Denn was immer man im Allgemeinen behaupten
mag, auf alle bekannten und auch auf alle denkbaren
Glaubensbekenntnisse gemuenzt: auf jedes einzelne Bekenntnis
angewandt so muss dieses entweder in seinem leidenschaftlichen
Anspruch auf Alleingueltigkeit geleugnet werden und somit siegt
die Leidenschaft des oekumenisch Leugnenden ueber die
Leidenschaft des dogmatisch Behauptenden: damit aber indem er
leidenschaflich die Leidenschaft des anderen leugnet leugnet er
die eigene oekumenische Toleranz, wird er selbst intolerant.
Will er selbst aber tolerant sein, so muss er entweder der
fremden Intoleranz ihren Lauf lassen, muss er entweder die fremde
Intoleranz bestaetigen (endorse) oder aber er muss das ganze
Durcheinander unter den Tresen schieben, sweep it under the rug,
mit der Ueberzeugung oder jedenfalls mit dem Beschluss, dass es
auf Leidenschaft gar nicht ankommt, dass diese religioese
Leidenschaft, und alle anderen Leidenschaften, Abwege und
Irrungen sind.
Der Dogmatiker aber verlangt die Veraeusserung der
Innerlichkeit, und darin liegt sein Widerspruch; denn die
Veraeusserung der Innerlichkeitm hebt diese auf und macht sie
zunichte. So behaelt der Dogmatiker Recht im Bereiche der
Aeusserlichkeit. Der Antidogmatiker aber behaelt recht im
Bereiche der Innerlichkeit. Es beweist sich wiederum die
Wahrheit des Satzes, dass das Innere nicht das Aeussere ist und
umgekehrt. Insofern als er die Innerlichkeit als solche
Anerkennt und sie von der Aeusserlichkeit schuetzt, behaelt der
die Toleranz verfechtende, der Antidogmatiker den Sieg.
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