20020227.07
Um seinem Erleben, seinen Gedanken, seinen Vorstellungen von
der Welt Ausdruck zu geben bedient man sich vorerst der
gemeinsamen Sprache welche den Gedankenaustausch unter den
Mitmenschen ueberhaupt erst ermoeglicht. Die Sprache allein aber
ist ungenuegend; denn sie erlangt ihren Sinn erfst durch
gemeinsames Erleben, Erleben welches im allgemeinen nur im
Ausnahmefalle zur Verfuegung steht. Es bleibt nichts uebrig als
anderweitig, auf Umwegen den Verstaendigungsgegenstand zu
bestimmen. Dies mag zum Beispiel ein bekanntes Land, eine
Landschaft, oder eine Ueberliefrung sein, wie etwa eine gemeinsam
bekannte Gesichte; ist aber sehr haeufig die Kunst, und ins
besondere die Dichtung: und es ist vor allem die Bezugnahme aufs
mehr oder weniger allgemein bekannte und zugaengliche
literarische Werke welcher man sich bedient um eine Basis fuer
die Mitteilung, fuer die Verstaendigung zu schaffen.
Und nun, so man bezug auf ein bekanntes literarisches Werk
genommen hat, deutet man es um: denn nichts Geschriebenes hat
einen einfachen einzigen Sinn, und es ist dann die Umdeutung des
Ueberlieferten welche Gelegenheit zur Mitteilung, Gelegenheit zur
Verstaendigung bietet. Das Ganze Werk Kierkegaards, von der
Doktorarbeit ueber die Ironie bis zu den Diatriben des
Augenblicks, muss in diesem Sinne ausgelegt werden.
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