20020308.00

     Man setzt voraus, (one assumes) dass das Denken als
Philosophie geschminkt und verkleidet, zu einem Beschluss, zu
einem Ziel gelangen sollte, jenseits dessen, weil seine Aufgabe
geloest, das Denken ueberfluessig wuerde.  Dies ist aber nicht
der Fall.  Das denken faehrt fort sich aufzuputzen und
vorzufuehren, weil der Mensch hinter der Maske seiner Natur
gemaess gezwungen ist weiter zu denken, wenn nichts Neues, dann
das alte Abgedroschene wiederzukauen.

     Es ist das geistige Wuergen am Widerspruch das den Menschen
gebannt haelt. Das Paradox, wiederum, laesst sich in den
verschiedensten Modalitaeten zum Ausdruck bringen, und laesst
sich mehr oder weniger ungezwungen von einer Modalitaet in die
andere uebersetzen. Auf die Einzelheiten, auf die Spezifizitaeten
des Widerspruchs kommt es weniger an als man bei der ersten
Betrachtung annehmen moechte.

     Die Gegenwart ueberspannt die Vergangenheit und die Zukunft.
Die Gegenwart ist die Staette, und die einzige Staette, unseres
Erlebens.  Der Inhalt dieses Erlebens aber wird nicht durch die
Staette bestimmt, welches Erstaunen die beredte Beschreibung auch
immer ausloesen mag.  Viel mehr wird der Inhalt dieses
gegenwaertigen Erlebens bestimmt durch eine unscheinbare, und
zugegeben unvollkommene, Korrespondenz zischen dem Erkennenden
und dem Erkannten, zwischen dem Inwendigen und dem Auswendigen.

     Dise unscheinbare und doch sehr bedeutsame Korrespondenz
erfolgt durch eine unbewusste Anpassung und Einfuegung des
Menschen in seine Umwelt, eine Homoiosis also, welche die
Vorbedingung jeglicher Existenz ist. Man sieht diese Erscheinung
in der Entwickling der Gesichtsfaehigkeiten, negativ am
Erscheinen der ex anopsia Amblyopie; positiv besonders am
Erlernen der Sprache, der Muttersprache, so wie hinzugelerntera
Sprachen. Es ist nicht als ob ein empfaengliches Gefaess mit
Wissen angefuellt wuerde.  Vielmehr ist es als ob das Erlernen
des Wissens das Gefaess erst gestaltete. Aus diesem Vorgang
entwickelt sich eine nimmer endende Zweideutigkeit und
Unbestimmtheit darueber, ob das Wissen ein Ausdruck des Wissenden
ist, also subjektiven Bestand hat, oder ob es ein Ausdruck des
Gewussten ist, und somit Objektiv begruendet.

     Der objektive Bestand des Wissens ist uns nicht unmittelbar
vernehmbar, denn als Vorbedingung seiner Aufnahme muss das
Gewusste den Wissenden umgestaltet haben, wie beschrieben. Die
Objektivitaet des Gewussten wird, paradoxer Weise daraus
erkennbar, dass ein scheinbar identisches Wissen von anderen
Geistern, dem meinen vergleichbar gestaltet aufgenommen wird.
Diese Uebereinstimmung meines Wissens mit dem Wissen das meine
Mitmenschen besitzen bezeugt die Unabhaengingkeit des Gewussten
vom Wissenden, und dies Zeugnis ist die Verbuergung der
Objektivitaet.  Demgemaess ist die Ueberteinstimmung des
Gewussten unter den Menschen das Merkmal von des Wissens
Gueltigkeit, - ein Merkmal das nichtsdestoweniger auch dem Irrtum
unterliegt, weil die Gemeinschaftlichkeit des Wissens, welches
scheinbar seine Unabhaengigkeit und Gueltigkeit verbuergt,
dennoch die Gueltigkeit des Wissens nicht zu bestaetigen vermag,
weil sich in vielen bedeutenden Beziehungen die Menschen unter
einer gemeinsamen Taeuschung befinden.

     Die Gueltigkeit des Wissens ruehrt nicht aus seiner
gesellschaftlichen Allgemeinheit, sondern beruht auf seinem
Erfolg, auf seiner Wirksamkeit, ist durch das Ueberleben des
Menschen und seines Geschlechts bestaetigt.

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