20020504.01

     Einzusehen in welchem Masse die ueberlieferte theoretische
Literatur, vor allem die sogenannte philosophische, Bruchstuecke,
Truemmerstuecke von missglueckten, oder jedenfalls nicht voellig
geglueckten Denkversuchen sind. Und deren Deutung das Ringen mit
dem was sich nicht sinnvoll deuten laesst, was sich nur als
Unsinn deuten laesst. Also ein Ringen mit der Zweideutigkeit der
vermeinten gegenstaendlichen, objektiven Wahrheit.

     Die objektive Wahrheit hebt sich selbst auf.  Die einzige
objektive Wahrheit ist dass es keine objektive Wahrheit gibt.
Und dieser Satz ist ein Widerspruch.  Vielleicht deuten
Widersprueche dieser Art, und es gibt ihrer viele, zugleich auf
eine gewisse Ungueltigkeit und auf eine gewisse Gueltigkeit alles
Ausgesagten.

     Die fiktive Literatur (fiction) das Schrifttum des
Erfundenen enthaelt dementsprechend eine tiefere Wahrheit, weil
es nicht beansprucht in objektivem Sinne wahr zu sein.  Das ist
die Bedeutung der Einsicht, dass die wahre Philosophie nur als
Dichtung, nur als Poesie mitgeteilt zu werden vermag.

     Wenn jenen kleinen unbeholfenen Versuch auf Seiten Lessings
und Mendelssohns ueber die Frage, Ist Pope ein metaphysiker
bedenke, und deren vermeinten Beweis eine unbedingten
Unterschiedes zwischen Metaphysik, zwischen Denken also und
Poesie, Und wenn ich dann bedenke das dieser Schluss meinen
eigenen Ueberzeugungen diametral entgegen ist, so wird es mir
klar welche Kluft meine Behauptungen von den Ueberzeugungen des
achtzehnten jahrhunderts trennen.

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