20020603.01

     Es ist ueberzeugend, Darwins Entwicklungslehre als einen
weiteren Ausdruck eines Sokratischen Nichtwissenkoennen zu
deuten, die Veraenderlichkeit vom Zufall bedingt, der Zufall als
das eigentlich Unwissbare.  Die Auswahl der Arten erfordert eine
Zeitspanne, welche sich asymptotisch der Unendlichkeit der
Ewigkeit, d.h. dem nicht erleben, und deshalb nicht begreifen
koennen, naehert.

     Inbegriffen in diesen Ueberlegungen ist eine Voraussetzung
oder ein Beschluss ueber die Art und Gueltigkeit des
geschichtlichen Erkennens, naemlich, dass unser Wissen auf die
Gegenwart beschraenkt ist. Die Geschichte ist aber eine
besonnene, willkuerliche Ausdehnung (expansion) der Gegenwart.
Die Gueltigkeit dieser Ausdehnung ist unterschiedlich,
entsprechend den Umstaenden unter welchen sie stattfindet.  Sie
ist keineswegs eine lineare Funtion der Zeitspanne; und doch, je
groesser der Zeitraum, desto fragwuerdiger ist das Erkennen; bis
es in der Unendlichkeit der Zeit, in der Ewigkeit, voellig
scheitert; weshalb die Darwinsche Lehre, welche eine wenn auch
asymptotische Annaeherung der Zeit an die Ewigkeit voraussetzt
sich in ebenso asymptotischer Weise dem Nichtwissen naehert.
Eine Lehre welche sich in aymptotischer Weise dem Nichtwissen
naehert ist unsinnig.

     Mir faellt auf, dass auch der Gottesglaube konsequent zu
Ende geleitet auf dasselbe hinausgeht. Wenn man die Schoepfung
und die Erhaltung der Welt Gott zuschreibt, so ist die logisch
unvermeidlich folgende Frage, Und wer schuf, wer erhaelt Gott?
Und wenn man diese Frage damit beantwortet, dass Gott wesentlich
unerschaffen und unverderblich ist, warum sollte man diese
Unerschaffenheit und Unverderblichkeit (indestructibility) nicht
stracks der Welt selber zuschreiben, und sagen dass die Welt
goettlich sei. Es handelt sich doch hier augenscheinlich nur um
Worte, Worte welcher sich die Menschen bedienen um ihre
Individualitaet, ihre Besonderheit, ihr eigenstes Verhaeltnis zum
Kosmos, und ihre Verschiedenheit und Feindseligkeit gegeneinander
zu behaupten und zu beweisen.

     Und was das Durcheinander philosophischer Theorien anlangt,
ist dieses Durcheinander nicht die zwingenste Beweisfuehrung des
Nichtwissens? Wenngleich die Denker ihr Nichtwissen nicht
eingestehen wollen, so verraten sie doch ihr Nichtwissen
buendiger durch ihre Ausfuehrungen als durch das demuetigste
Bekenntnis.

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