20020806.00

     De omnibus dubitandum est.  Und was bedeutet es ueberhaupt,
an etwas zu zweifeln?  Der Zweifel aendert an dem Bestehenden
nicht.  Der Zweifel wirkt nur im UMkreis der Geanken.  Die
Wirklichkeit vermag er weder zu vermehren oder zu vermindern.
Aber im Gemuet des Zweifelnden ist der Zweifel entscheidend, denn
der Zweifel bestimmt die Art in welcher der Mensch die Welt
begreift.  Dass man buchstaeblich an allem zweifeln sollte, ist
vielleicht uebertrieben.  Sollte man denn wirklich an seinem
zweifelnden Bewusstsein zweifeln?  Und sollte man an dem Bestehen
einer Welt zweifeln welche sich diesem Bewusstsein unablaessig
aufdraengt?

     Tatsaechlich gibt es unterschiedliche Bereiche des Zweifels:
Am selbstverstaendlichsten ist die Notwendigkeit all jene
Aussagen dem Zweifel zu unterziehen, welche sich selbst
widersprechen, welche sich selbst aufheben, welche uns
leichtfertig aus der Sprache oder der ungezuegelten
Einbildungskraft der Menschen, von ihnen selbst nicht ernst
genommen, ins Gesicht lachen.

     Schwieriger ist es an all demjenigen zu zweifeln, das uns in
unserem taeglichen Leben, in unserem Umgang mit den Menschen als
zweifellos anmutet.  Dies ist das weite Gebiet der
Wissenschaften, der geschichtlichen Bedeutung, des allgemeinen
Verstandes, des common sense.  Es ist dieser Bereich in welchem
wir unmittelbar zu der grossen Aufgabe des Zweifelns
herausgefordert werden.

     Am Problematischsten ist der Zweifel am eigenen Bewusstsein,
welcher, im Sinne der cartesischen Meditationen, sich selbst zu
widerlegen scheint.  Wenn ich hinzufuege, dass der Zweifel am
Goettlichen sich in ebenderselben Weise selbst widerlegt wie der
Zweifel am eigenen Bewusstsein, so bin ich gewahr, dass diese
Aussage allgemeines Missverstaendnis einlaedt, in dem Masse wie
das Goettliche an sich allgemein missverstanden oder unverstanden
bleibt.


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