20020811.01
Die Besorgnis um das Leben ist also der Kern ethischer
Ueberlegungen. Zu bestimmen ist welches Leben es denn sein
sollte, der die Besorgnis gilt; das eigene Leben oder das Leben
des anderen, des Einzelnen oder des Geschlechts: das sind
saemtlich Fragen welche die Eindeutigkeit des Erkannten, sowie
die Eindeutigkeit des Beschlossenen, voraus setzen. Die
Voraussetzung der Eindeutigkeit der Gedanken ist ein Irrtum.
Eindeutigkeit ist nur die Decke (Schale) mit welcher das Denken
seine Vieldeutigkeit, seine Unbestimmtheit, seine Widersprueche
verhuellt.
Warum bekennen wir nicht frisch hinaus, dass wir nicht
wissen wessen oder welches Leben es ist, dem unsere Sorge zu
gelten hat; eine Ungewissheit, welche sich in der beruehmten
biblischen Frage spiegelt: "Wer ist mein Naechster?" Wo aber die
Antwort ausbleibt, richtet sich das Denken an die Frage und sucht
in ihr den Grund der Unbeantwortbarkeit.
* * * * *
Zurueck
Weiter
Inhaltsverzeichnis