20021008.00
Die Schriften des Aristoteles sind durch das unbedingte
Vertrauen in die Sprache, ins Wort, in den Begriff bezeichnet.
Aristoteles war ein grosser Sprachkuenstler. Er stellt sich an,
alles zu nennen, jedem Zug im Menschenleben einen Namen zu geben,
bis ihm zuletzt die reine Sprache als Quelle des Erlebens geistig
selbstaendig wird. Es ist die Macht der so entstandenen
Begriffe, welche den Einfluss erklaert welche diese Schriften,
das Mittelalter hindurch bis in die Neuzeit ueber das Denken
ausgeuebt haben.
Der Widerspruch, der Konflikt, der Streit zwischen dem was
ausgesprochen zu werden vermag, oder genauer: zwischen dem was
die Sprache zum Ausdruck zu bringen vermag und dem was die
Sprache nicht zum Ausdruck zu bringen vermag, was jenseits der
Ausdrucksfaehigkeit des Sprachvermoegens liegt, ist der Bereich
der Philosophie. Da sie sprachgebunden ist und lediglich in der
Sprache oder im Sprachlichen besteht, beschreibt die Philosophie
diesen Widerspruch nicht nur: sie verkoerpert ihn.
Dass das Leben und Erleben des Menschen nicht in der Sprache
aufgeht, versteht sich von selbst. Aber die Sprache muss dennoch
bestrebt sein dem gesamten Erleben des Menschen Ausdruck zu
verleihen; ein Bestreben das zu scheitern vorbestimmt ist. Uns
begegnet dieses Scheitern in Form von Begriffen fuer welche wir
kein entsprechendes Erleben aufzufinden vermoegen, oder als
Erleben von dem es uns nicht gelingt es auch nur annaeherend mit
einem begrifflichen Ausdruck anzudeuten. Mir scheint, dass es
fuer diesen Widerspruch eine Loesung nicht gibt, dass es aber
notwendig ist, um unsere eigene Verwicklung mit der Philosophie
zu verstehen, diesen Widerspruch, ungeloest wie er auch bleiben
muss, zu begreifen.
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