20021008.01
Die Worte, die Begriffe die ich als Ausdruck fuer das was
ich zu sagen habe, finde oder erfinde sind ihrer Aufgabe nie
voellig gewachsen (adequat). Um irgend einen Sinn zu haben,
beduerfen sie Erklaerung. Das heisst, sie muessen gedeutet,
muessen verstanden werden. Ohne Erklaerung sagen sie nichts,
oder wenig nur, oder allenfalls nicht das was ich im Sinne hatte.
Erklaerung beduerfen sie ja allenfalls. Die Herkunft der
Erklaerung wird verschieden sein: und verschieden auch ihre
Wirkung. Die Erklaerung mag inbegriffen sein, mag in der
Gewohnheit liegen; oder aber mag ausdruecklich hinzugefuegt
werden. Die Erklaerung aber liegt wiederum im Bereich der
Sprache, und unterliegt aehnlichen Unbestimmtheiten wie die
Ausdruecke welche sie zu erklaeren hat.
Dass nun die Kette der Erklaerungen nicht ins Unendliche
fuehrt, ruehrt von der Tatsache, dass Verstaendnis eintritt auch
wo die Unterlagen unvollstaendig sind. Vollstaendig sind die
Unterlagen, genau genommen, doch nie. Der verstehende Geist
ergaenzt was ihm geboten wird zu einem sinnvollen Gebilde. Das
ist sein Amt. Diese Ergaenzung des fragmentarisch gebotenen zu
einem sinnvollen Gebilde ist, ihrem Wesen nach, idealisierend,
und bietet demnach ein bedeutendes Beispiel fuer die
Unvermeidlichkeit des Idealisierens in unserem Denken.
Begriffe welche mir als besonders bedeutsam vorkommen
Erleben, Inwendigkeit, Gott. Dies Begriffe sind, jeder in seiner
Weise, Zeiger, Weiser, "pointers" zu Bereichen welche der Sprache
nicht zugaenglich sind, so dass es der Sprache unmoeglich sein
wird sie hinlaenglich zu bestimmen, geschweige denn, von ihnen
erschoepfend auszusagen.
Der Ausdruck "Erleben" ist schon insofern bemerkenswert als
es mir jedenfalls unmoeglich ist ihn ins Englische zu
uebersetzen. Die Wort betont die Tatsache, dass das Leben des
Menschen sich nicht beschreiben, sich nicht zusammenfassen
laesst. Alle Bestimmtheiten welche man ueber das Leben eines
Menschen aussagt sind unvollstaendig, wenn nur aus dem Grunde,
dass der lebende Mensch Empfindungen, Gefuehle, Gedanken hat,
welche in der Sprache nur unzulaenglich oder ueberhaupt nicht zum
Ausdruck kommen. Das Wort "Erleben" weist auf die
unausgesprochenen, vielleicht unaussprechbaren Vorgaenge hin, aus
welchen der Menschen Tage bestehen. (Ueber Struktur und Funktion
der Ausdruecke "Inwendig" und "Gott" habe ich anderswo
referiert.)
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