20050119.00

     Die Ueberlegungen betreffs des freien oder unfreien Willens
weisen darauf hin, wie tief und breit das Denken in der Sprache,
in Worten, in Ausdruecken wurzelt. Denn wo auf Erden, oder in
welchem Himmel waere so etwas wie ein Wille, geschweige denn wie
ein freier oder unfreier Wille zu finden?

     Ohne mich in philologische oder etymologische Untersuchengen
ergangen zu haben, spreche ich meine Vermutung aus, dass "der
Wille" eine Substantivierung des allgegenwaertigen Wollens, des
allgegenwaertigen "Ich will" sein muss, nicht umgekehrt, dass
etwa irgendwo "der Wille" seinen Tempel haette, "der Wille" als
ein metaphysisches Muster fuer das so unendlich weit verzweigte
willenhafte Bestreben der Menschen.

     "Ich will", das sind Laute die ueber welch immer
sprachgeschichtliche Bahnen, ein Urerlebnis des Menschen zum
Ausdruck bringen.  Und es sind die Worte, es ist der
Nominalisierungstrieb der Sprache welche das unzaehlbare, immer
aufs neue erscheinende "Ich will", als einen Gegenstand, als den
"Willen" verdinglicht.

     Man mag diese Betrachtung verallgemeinern. Die Sprache
spielt eine grosse Rolle im Leben der Menschen. Da es ihr
unmoeglich ist den Menschen zu vervollkommenen ist es
unvermeidlich, dass sie die Unvollkommenheiten der Menschen in
neuer Gestalt bewahrt, dass sie neue Fragen stellt, neue Probleme
schafft.

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