20050121.00
Die Beschreibung und Erklaerung menschlichen Handelns bedarf
eines neuen sprachlichen Anlaufs. Es fehlen die Begriffe dies
Handeln verstaendlich zu machen. Und die gelaeufigen Ausdruecke,
wie etwa Willensfreiheit oder Unfreiheit verleiten zu irrigen
Annahmen.
Es gilt das Handeln, dieses subjektivste aller Erlebnisse
sachlich, objektiv darzustellen. Man sieht den Menschen als ein
Lebewesen zu noch unbestimmten Handlungen, zu noch unbestimmten
Bewegungen bereit, wo Bewegung als die einfachste und
unmissverstaendlichste aller Handlungen zu betrachten ist. Die
Bereitschaft des Menschen zur spezifischen Bewegung, bezw.
Handlung mag man als die Gesamtheit der latenten Zustaende
vorstellen denen die Handlung entspringt, und welche die Art und
die Richtung der Handlung bestimmen. Der augenblickliche Anlass
zur Handlung, das ausloesende Moment, hat auf die Qualitaet und
Quantitaet der Handlung nur beschraenkten Einfluss.
Die Besonderheiten (The specifics) der Bereitschaft werden
erkennbar erst durch die ausgeloeste Handlung, und nur durch sie.
Auch die Entwicklung und Verwandlung der Handlungsbereitschaft
ist in Unbestimmtheit (uncertainty) gehuellt. Dabei liegt es auf
der Hand, dass die Eigenschaften der Bereitschaft durch Erziehung
gezuechtet, durch Uebung gepflegt werden.
Um zu dem Thema noch einmal zurueckzukommen: Es ist die
Handlungsbereitschaft (preparedness) und nicht der Wille, woraus
die Handlung entspringt. Letzten Endes wird der Mensch nicht
fuer die Handlung an sich, sondern fuer die Bereitschaft aus
welcher seine Handlung entspringt, belohnt oder bestraft; denn
ueber die Handlung selbst hat er keine Kontrolle, hat er keine
Macht.
Aus weiterer Ueberlegung geht hervor dass er ueber die
Qualitaet seiner Handlungsbereitschaft ebensowenig Macht hat wie
ueber die Handlung selbst. Er kann nicht "wollen" eine Sprache
zu kennen. Er kann nicht "wollen" ein musikalische Instrument zu
spielen. Er kann sich aber muehsam, ueber Monate, nein, ueber
Jahre hinweg in diese Sprache, in dieses Instrumentspiel
einueben, wobei jedes Stadium der Einuebung wiederum auf eine
fruehere Bereitschaft zurueckzufuehren ist, eine fruehere
Bereitschaft welche ebensowenig willentlich war wie die heutige
Bereitschaft es ist; eine fruehere Bereitschaft ueber welche er
ebensowenig maechtig war wie wie er es ueber die heutige
Bereitschaft ist. So entsteht auch hier, durch die unueber- und
undurchsichtliche Verwicklung des Erlebens, die Illusion
willentlichen Betragens.
Wenn man dies Thema, der moeglichen Willensfreiheit
rueckschauend ueberblickt, so wird vor allem dies eine klar: wie
vielfaeltig und verwickelt das Leben, und wie aeusserst gering
unsere Faehigkeit es begrifflich zu erfassen. Wie sehr an der
Oberflaeche all unser Sinnen, Denken und Verstehen bleibt; und
wie gross die Gefahr, dass diese unsere sprachlichen Bemuehungen
um das Verstehen, zu einer verdorbenen Kruste ausarten, welche am
Ende nichts bewirkt, als die bunte Verwirrung des Lebens zu
verdecken.
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