20050615.00

     Es ist eine bedeutende Wirkung des Schreibens, dass es den
Gedanken vergegenstaendlicht, dass es aus der fluechtigen
bildlichen oder logischen Anschauung einen Gegenstand herstellt,
welcher in der Art anderer Gegenstaende einen von seinem
Verfasser, unabhaengigen, und diesen ueberdauernden, Bestand
hat.  "Das Wort sie sollen lassen stahn!"  Das Schreiben
bewirkt, dass der Gedanke bestaendig wird, und wenngleich nicht
ewig, so doch dauerhaft auf unabsehbare Zeit.  Et incarnatus est
de Spirito Sancto.  Was folgt ist die Leidensgeschichte des
vermenschlichten Geistes, und vom Erhabenen zum Absurden ist der
Uebergang so unscheinbar, dass man ihn manchmal, wenn nicht gar
des oefteren, uebersieht.

     Zu dem geschriebenen Wort kehrt man zurueck wie zu einem
Gemaelde das man einst gepinselt hat, wie zu einer Skizze, welche
man vormals fluechtig aufs gelegendste Stueck Papier kritzelte.
Im Gegenstand wiedererkennt man seine Vergangenheit und somit
sich selbst.  Das Geschriebene verbleibt als quasi-verewigter
Augenblick.  Und diese sich natuerlich ergebende Befestigung
des Augenblicks ist zugleich wirksamer und wahrhaftiger als die
ausgekluegelte Konkretisierung darin das System sich ergeht.

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