20050715.00
Des Moses Bilderverbot wird problematisch(er) wenn man
die Sprache, und somit das Denken, einbezieht, wenn man
erwaegt dass Bilder nicht nur gezeichnet, gemalt, und in
Stein gemeisselt werden, sondern dass Beschreibungen, und gar
Erzaehlungen in ihrer Weise auch Bildnisse bewirken. Die
gedanklich oder begrifflich erzeugten Bildnisse sind ihrem
Wesen nach Ideale, das heisst: das momentane Erleben wird in
ihnen zu einer von Begriffen regierten Ganzheit gestaltet und
geschmolzen, eine idealische Ganzheit welche in ihrer Art ein
Bildnis ist, nicht weniger eindrucksvoll und zwingend als das
gemalte oder gemeisselte; und deshalb, sollte man meinen,
nicht weniger als andere Bildnisse, dem Bilderverbot
unterworfen.
Spuert man also dem Sinn des urspruenglichen
Bildergebotes nach, so stoesst man auf eine Dialektik wo
Antithese der These widerspricht, nicht um fortschreitend
die Synthese zu zeitigen, sondern rueckwirkend, zum
Ausgangspunkt und zu dem Urstand von welchem es ausging,
zurueckzukehren. In diesem Sinne gedeutet, unterbindet
das Bilderverbot nicht nur diese oder jene graphische
Darstellung. Es untergraebt alle geistige Taetigkeit, in
dem Masse als diese Taetigkeit Bilden, Gestalten, also,
Idealisieren bedeutet.
Der Beschluss (conclusion) moechte dann sein, dass das
Verbot, das Gesetz also, irgendein Gesetz, keine entgueltige,
definitive Loesung auch nur des geringsten Problems
vorschreibt oder vorschlaegt; dass es nicht einmal eine
Richtung, einen befolgbaren Weg anweist; sondern dass es
(lediglich) als geistiger Impuls die jeweilige Taetigkeit
anstoesst, und somit bewirkt, das Leben in neue,
unvorhergesehene und letztlich unvorhersehbare Richtungen zu
treiben.
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