20060415.01
Einer der grossen, und wie mir scheint, oftmals
uebersehenen Widersprueche des geistigen Menschenlebens ist
das Verhaeltnis des Einzelnen zur Geschichte. Bekanntlich
hat Kierkegaard mit Nachdruck die Problematik des Welt-
Historischen im religioesen Erleben beschrieben, ohne jedoch
dem wesentlichen Widerspruch der dem historischen Bewusstsein
entspringt gerecht zu werden. Kierkegaards
Vergegenwaertigung des Christuserlebnisses muss sogar auf den
Gebieten der Religion als ein Luxus gelten, der nur wenigen
begabten oder begnadeten zugaenglich ist; eine
Vorstellungsweise welche jedoch anderweitig, auf anderen
Gebieten geistig-seelischen Lebens unerkannt, wenn nicht
sogar ungeahnt bleibt. Und genauer betrachtet ist wohl auch
Kierkegaard's religoese Haltung ein geistig-seelisches
Kunststueck welches auf anderen Gebieten keine unmittelbare
Anwendung findet. Dabei bleibt des Menschen Stellung in dem
Verlauf der Zeit, in der Geschichte, begrifflich (jedenfalls)
uneroertert.
Was ich im Sinn habe, sind die Konsequenzen, dass des
Menschen Geist im Rahmen einer geschichtlichen Gesellschaft
entsteht. Dass der Mensch sich nach Vorbildern gestaltet,
dass der Mensch sich selbst als Geschoepf der Geschichte
betrachtet. Und dass er den Wert seines Wirkens und seines
Seins als geschichtlich Dargestelltes beurteilt. Eine solche
Bewertung, obwohl unablaessig angestrebt, ist letzten Endes
jedoch undurchfuehrbar.
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