20060617.00 Folgendes habe ich gestern bei der Ueberfahrt von Hyannis nach Nantucket aufgeschrieben: Man versteht das Handeln, wenn man das Musizieren versteht. Man muss sich einueben. Ohne Uebung gehts nicht. Und nicht nur die Musik uebt man; man uebt auch die Sprache, das Sprechen; man uebt sein Betragen, ins Besondere und im Allgemeinen. Man uebt das Zubinden seiner Schuhe, das Kaemmen der Haare, man uebt den Beruf, das Vorlesen vom Katheder, die Operation am Koerper. Dem gegenueber das man nicht gelernt hat, ist man voellig hilflos. Waere es aber vernuenftig das Eingeuebte als willentlich, ueberlegt, absichtlich zu betrachten? Ich singe ein Lied; das heisst, ich wiederhole das einst gelernte. Wenn es mir heute, bis zur Unmoeglichkeit schwer faellt, es im Vortrag zu aendern, es zu variieren, vermag ich es da wirklich als willentlich zu bezeichnen? Ist es nicht vielmehr unwillentlich, ungewollt, unabsichtlich, wie ein Reflex? Und ist denn die Sprache, die ich so minutioes widerhole, dass sie wie ein Echo aus der Vergangenheit ertoent, ist sie denn willentlich? Ich bemerke doch, dass ich mein Leben lebe, wie nach einem Plan. Was ich tue und lasse geschieht plangemaess. Also wenn ich willentlich handelte waere es das Planen, nicht dessen Ausfuehrung, das ich als willentlich erkennen muesste. Willenlich waere dass ich den Rahmen der Handlung, die Handlung selbst, und deren Folgen vorauszusehen vermag. Macht das Voraussehen die Handlungen willentlich? Es beeindruckt mich, in welch hohem Masse alle meine Handlungen bewusst sind, besonders die geplanten, aber eigentlich ist mein ganzes Handeln bewusst, wenn auch nicht immer ueberlegt oder geplant. Dass ich bewusst handele legt's nahe, dass ich auch willentlich handele. Dies ist aber nicht der Fall. Wenn ich, zum Beispiel stuerze, wenn ich hinfalle, so tue ich dies gewiss nicht absichtlich, gewiss nicht willentlich. Gleichfalls (similarly), wenn ich mich z.B. mit einem Werkzeug verletze. dass ich mir der Handlung bewusst waere, bedeutet keineswegs, dass sie willentlich geschieht. Auch wenn ich die Handlung geplant habe, so bedeutet dies nicht, dass sie willentlich geschieht, denn 1) ist es Taeuschung das die Handlung mit dem Plan uebereinstimmen sollte, und 2) der Plan, das Vorhaben ist wiederum Handlung, ist wiederum ein Beschluss mit seinen Begruendungen welche auch ihn dem Bereich des Willentlichen entziehen. Dass ich mir des Plans bewusst bin, heiss dass ich ihn abzuaendern vermag, und weil ich ihn abzuaendern vermag erscheint er als willentlich, - aber die Abaenderung waere wiederum unwillentlich: ein Denken im Kreise dem ich nicht zu entkommen vermag. * * * * *

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