20061225.00
Es besteht fuer mich kein Zweifel, dass meine Beziehung
zur und mein Verstaendnis fuer die Literatur sich auch noch
jetzt, im Alter von fast 77 Jahren, wandelt. Ob dies der
Fall ist, weil ich Verhaeltnisse sehe, welche mir bis jetzt
entgangen waren, oder ob die Eindruecke von laengst Erkanntem
sich haeufen, wuesste ich nicht zu entscheiden.
Unverkennbar ist, dass die Unterscheidung, die
Abtrennung des Erkanntem vom Erkennendem ein Irrtum ist. Das
Erkennen vermag stets nur als ein Vorgang im Geist des
Erkennenden verstanden werden. So auch das Erkannte.
Anders, (sonst) wird das Erkannte zu einem Hirngespinst
(Chimaere) ohne natuerlichen Bestand. In dieser
Gedankenfolge dann bewaehrt sich Kierkegaards Behauptung von
der Subjektivitaet der Wahrheit.
Wortgebilde, Schrift oder Sprache, demgemaess, koennen
nur in so weit sie verstanden werden, Bedeutung beanspruchen.
Anderweitig ist ihre Bedeutung nur metaphorisch.
Es ist ueberaus (vornehmlich) bezeichnend fuer die
Wirkung der Sprache, dass die von ihr geschaffenen Begriffe
verdinglicht werden, und dass die sprachlich (aus Begriffen)
erzeugten Dinge nur schwer von den natuerlichen Dingen (wenn
es diese ueberhaupt gibt, zu unterscheiden sind.
Die (klassische) Literatur ist ein Begriffsgebilde mit
welchem ein Mensch wie ich sich schuetzt und troestet,
welches aber die kritische Untersuchung nicht zu bestehen
vermag. Es bildet sich aus dem Dunst der Einbildung,
veraendert seine Gestalt aus unerforschlichen Gruenden, und
zerstiebt am Ende so unerklaerlich wie es sich bildete. Und
voruebergehend wie die Wolke spendet der Begriff Literatur,
Schatten und Kuehle und lebenserhaltendes Wasser.
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