20070225.00
Die Bedeutung der physikalischen Theorien
mit welchen ich mich neuerdings wieder einmal
beschaeftige beruht auf dem pseudo-
aristotelischen Prinzip der Gueltigkeit von
Rueckfuehrung, Reduction, Vereinfachung der
Vielfaeltigkeit des Lebens auf seine einfachen
Bestandteile; beruht auf der Annahme, dass das
Verstehen des Einfachen das Verstehen des
Vielfachen, des Vewickelten, des Komplizierten
bewirkt; dass die Physik des Siliziumdioxyd
Molekuels den Meeresstrand, dass die Chemie des
Wasserstoffoxyds, das Meer, der Sauerstoff und
Stickstoff Atomen, den Wind und die Wellen
verstaendlich machen. Jedoch tun sie das, denn
ueberhaupt, nur in sehr beschraenkter Weise.
Es ist ein Irrtum den technologischen
Fortschritt als Bestaetigung (validation) der
theoretischen Wissenschaft zu betrachten. Die
Technik (Praxis) hat ihr eigene Erklaerungen,
Regeln und Anweisungen, welche sich nur
zuweilen mit den theoretischen Lehren
schneiden, nicht selten aber diesen
widersprechen. Zwischen der Theorie der
Theorie und der Theorie der Praxis geschieht
ein Austausch von Einfaellen und Erwaegungen,
Vorschlaegen und Beobachtungen, doch ist dieser
Austausch keineswegs bindend oder endgueltig.
Die Theorie bewaehrt sich in der Verkuendigung
"ewiger" Wahrheiten. Die Praxis bewaehrt sich
in der Durchfuehrung wirksamer Unternehmen.
Die Theorie wird ebensowenig durch die Praxis
bestaetigt wie es ihr moeglich ist die Praxis
im Voraus zu bestimmen; denn die Praxis
entwickelt sich in eigener Bahn und nach
eigenen Gesetzen.
Mathematische Berechnung vermag nie als
Grundlage des Urteils (des Einzelnen) zu
dienen. Denn diese Grundlage is stets das
gegenwaertige Bewusstsein des Einzelnen. Meine
Vorstellung von der gegenwaertigen Zeit ist
mein gegenwaertiges Tun. Meine Vorstellung von
der vergangenen Zeit ist meine gegenwaertige
Erinnerung. Meine Vorstellung vom Raum ist das
mir gegenwaertige Gesichtsfeld. Die geistige
epistemische (um den Ausdruck
"wissenschaftliche") Bewertung, Entwicklung,
und Verwahrung dieser Vorstellungen geschieht
mittels der Sprache, der Begriffe und Ausdrueck
welche die Sprache schafft und mittels welcher
es moeglich wird meiner Erlebnisse und
Erkenntnisse anderen Menschen mitzuteilen.
Dieser Vorgang des Empfindens, Erfassens,
Begreifens und Mitteilens ist ein
fortwaehrender (continuing) welcher sich durch
das ganz Leben hinzieht. Wie manches andere
Erleben ist er von minder oder mehr Klarheit,
wirksamkeit, ist nievollendet, und dieweil der
Mensch lebt, so scheint es mir, auch nie ein
voelliges Versagen. Die Wissenschaft,
sogenannt, in welchen sich dieser
Erkennensvorgang absondert, ist aber eine
Erfindung und Einrichtung der Gesellschaft von
nur begrenzter Gueltigkeit. Wie jedermann sein
eigener Rechtsanwalt, sein eigener Arzt, so
muss auch jedermann sein eigener
Wissenschaftler sein. Denn letzten Endes muss
jede gueltige Wissenschaft, Wissenschaft fuer
mich sein, Wissenschaft von dem was ich weiss.
Jede gueltige Wissenschaft muss meine
Wissenschaft, und jedes gueltige Wissen, muss
mein Wissen sein.
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