20070821.00
So wie unser Verstaendnis vom eigenen Koerper auf der
Betrachtung und Untersuchung tierischer Koerper beruht, so
muss gleichfalls das Verstaendnis des eigenen Geistes auf
der Betrachtung des Geistes der Tiere, - oder tierischer
Geister beruhen. Mit Geist sei in dieser Beziehung
bezeichnet ein und fuer alle mal, nicht das subjektive
Bewusstsein des Lebens als Abstraktion, sondern die
Wandlungen und Verwandlungen welches dieses Bewusstsein im
Verlauf eines Tages und letztlich im Verlauf eines Lebens
erfaehrt. Im Falle anderer, tierischer oder menschlicher
Wesen sind diese Verwandlungen aus Veraenderngen des
Betragens (Benehmens, Behavior) zu schliessen. Zugegeben
(admitted) dass der Kern der Subjektivitaet unerreichbar
und unantastbar - seinem Wesen nach - bleibt und bleiben
muss, so ist es doch durchaus moeglich zum Beispiel auf die
Gefuehle eines Menschen aus seinem Betragen zu schliessen.
Es ist durchaus moeglich - und mit grosser Sicherheit zu
folgern, weil ein Mensch weint, dass er traurig ist, weil
er lacht, dass er heiter ist, weil er antwortet, dass er
bei Bewusstsein ist, u.s.w. Vergleichbares vermag man bei
Tieren zu konstatieren, und wenn sich bei der Betrachtung
des Tieres die Einsicht aufdraengt dass das Wissen um den
Gemuetszustand des fremden Wesens ein beschraenktes ist,
eben aus dem Grunde dass dieser vermeintlich erkannte
Zustand nicht der eigene ist, und niemals sein kann, so ist
diese Ueberlegung auch bei dem vermeintlchen Verstaendnis
des anderen Menschen angebracht (appropriate) denn auch
hier ist letzten Endes dies Wissen eine nicht zu
verteidigende (indefensible) Anmassung.
Es ist ja offensichtlich, - augenscheinlich -, dass
wir in unsrem Erleben bestaendig von dem Inhalt des
jeweiligen Bewusstseins auf scheinbar untrennbar
dazugehoeriges schliessen: wie etwa auf die beweisbar
nicht bestehende Identitaet der Persoenlichkeit, oder auf
das ewige Leben der Seele, auf die Existenz Gottes, auf das
Bestehen von Gut und Boese. Bezeichnend fuer das
Verstaendnis der Tiere ist dass mit ihnen dieses anmassende
Einfuehlungsvermoegen versagt. Je entfernter von unserem
Wesen gegebenes Tier ist, desto unerforschlicher die
Gedanken und Gefuehle des fremden Wesens. Die Kinder haben
keine Ahnung von der Unerreichbarkeit des fremden Geistes.
Deshalb vermenschlichen sie die Tiere in so ungehoeriger
und eigentlich unanstaendiger Weise. Im Gunde oder aber am
Ende muss erkannt sein, wie gering und wie verfehlt, wie
irrtuemlich alles was wir von den Tieren zu begreifen
meinen, und wenn von den Tieren, warum nicht auch von
einander, und wenn von einander, was wissen wir eigentlich
von uns selbst? Was wir von uns selbst wissen ist
qualitativ gaenzlich andrer Art. Was ein jeder von sich
selber weiss, versteht, einsieht, ist qualitativ anderer
Art als sein Wissen von Tieren, oder auch von anderen
Menschen. Das Wissen von anderen Menschen aber so wie auch
von Tieren und von der Objektivitaet des eigenen Seins, ist
qualitativ von dem subjectiven Wissen voellig unterscheden.
Ich muss mich selbst objektiv, ich muss meine Mitmenschen
objektiv verstehen, wie ich die Tiere objektiv verstehe,
Vermag ich die Tiere objektiv nicht zu verstehen, so vermag
ich auch mich selber und die Menschen nicht objektiv zu
verstehen. Es handelt sich hier also um das objektive
Verstaendnis, und es geht darum, dies objektive
Verstaendnis so wahrhaftig, so gueltig zu entwickeln wie
moeglich, und zu dieser Entwicklung des objektiven
Verstehens ist das Begreifen des Menschen als tierisches
Lebenwesen unentbehrlich.
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