20071128.01 Als ich vor sechzig Jahren Literatur studierte, fiel mir auf welch ein erheblicher Teil geistiger Bemuehungen darauf verwandt wurde (von anderen) begangene Irrtuemer zu berichtigen. Heute scheint es mir, ins besondere betreffs "philosophischer" Fragen unvermeidbar. Denn die Tatsache ist ja axiomatisch, dass auch das Denken der renommiertesten Denker unzulaenglich ist die ihnen gestellten Fragen zu beantworten, die ihnen aufgegebenen Probleme zu loesen; so dass die Ergebnisse ihrer Bemuehungen gleichfalls ungenuegend sein muessen, und dass es unvermeidlich ist, dass der Nachfolger sich in der Lage des Kritikers befindet, damit beschaeftigt die "Fehler" der Vorgaenger zu berichtigen; wobei doch unumgaenglich die Bemuehungen des Nachfolgers gleichfalls unzulaenglich sind, wenn auch in anderer Weise. Das "Meer des Irrtums" von Goethes Faust beklagt ist aber ein unvermeidlicher Ausdruck der Beschaffenheit des menschlichen Denkens, eben gerade deshalb, weil das Denken ein gemeinschaftliches sein muss, weil der Denker zugleich auf die Gedankenarbeit des Vorgaengers angewiesen ist und das eigene Denken in jene verweben muss, und weil dieser Denker seinerseits nur in Erwartung der Mitteilung seiner Gedanken zu denken vermag. * * * * *

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